Wussten Sie, dass das Stadtarchiv Linden eigentlich aus drei Teilen besteht? Leihgestern und Großen-Linden führten bis zum Jahr 1977 eigene Archive, die im Zuge der Zusammenlegung der Gemeinden zu einem gemeinsamen Archiv wurden. Seit 1977 werden die Unterlagen beider Orte in einem gemeinsamen Archivteil gelagert.
Der Gemeindezusammenschluss selbst ist im Archiv durch Zeitungsberichte, Tonbandaufnahmen und innergemeindlichen Schriftverkehr gut dokumentiert. Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurden Gemeinden in den 1970er Jahren dazu gebracht, sich zu leistungsfähigeren Großgemeinden zusammenzuschließen. In dieser Zeit kam auch die berühmte Stadt Lahn zustande, die Großgemeinde bestehend aus Wetzlar und Gießen, die nur 31 Monate lang existierte. Auch Großen-Linden und Leihgestern wurden im Zuge dieser Gebietsreform dazu ermutigt, sich mit anderen Gemeinden zusammenzutun. Wie wir heute wissen, ist daraus die Stadt Linden entstanden. Das Archivgut zeigt allerdings, dass dies kein einfaches Unterfangen war, sondern viel mehr ein jahrelanger Prozess mit hitzigen Diskussionen.
Die ersten Pläne für einen Zusammenschluss von Großen-Linden und Leihgestern wurden bereits 1965 von Landrat Dr. Maraun angestrebt. Anfang der 1970er Jahre forderte und förderte das Land Hessen aktiv die Bildung größerer kommunaler Einheiten. Auch Großen-Linden suchte in diesem Zusammenhang nach Nachbargemeinden, mit denen man sich zusammentun könnte. Zu erneuten ernsthaften Verhandlungen kam es 1971 – zunächst mit Hüttenberg, später auch mit Dornholzhausen und Langgöns als potenziellen Partnern. Trotz etlicher Gesprächsrunden scheiterten jedoch auch diese Fusionsbemühungen.
Nach diesen 2 gescheiterten Versuchen kam es 1974 erneut zu Bestrebungen, zusammen eine größere Gemeinde zu bilden. Die Leihgesterner wollte man nicht nur mit einem Appell an die Vernunft dazu bringen, sich endlich zu überwinden, sondern auch mit einem neuen Namen für die neue Gemeinde. Linden sollte das kleinere Leihgestern nicht einfach Schlucken, daher wurde in diesem Jahr der Name „Chattenau“ für die neue Gemeinde vorgeschlagen. Chattenau deshalb, weil einst die germanischen Chatten im Gebiet der Stadt Linden siedelten. Aufgerufen wurde in den Zeitungen auch, andere Namensvorschläge abzugeben. Auch Hüttenberg war kurzzeitig wieder im Spiel, hier hätte man zu dritt die „Stadt Hüttenberg“ gegründet. Geplant war damit ein Gegenpol zur Lahnstadt (Wetzlar und Gießen) zu werden. Doch auch diese Pläne wurden kurz darauf wieder verworfen.
Während die Zusammenschlüsse anfangs noch auf freiwilliger Basis durchgeführt werden sollten und durch Begünstigungen für die neuen Gemeinde ermutigt wurden, kam dann doch das, was eigentlich verhindert werden sollte: der gesetzliche Zusammenschluss von kleinen Gemeinden zu neuen Großgemeinden. Ursprünglich war geplant, die Gemeinden Großen-Linden, Hüttenberg, Leihgestern und Langgöns kurzerhand zu einer Großgemeinde zusammenzuführen. Nach langen Diskussionen und unterschiedlichen Entwürfen kam es aber zu einer deutlich kleineren Lösung: Großen-Linden und Leihgestern wurden zu einer neuen Gemeinde zusammengeschlossen. Ab dem 1. Januar 1977 bildeten beide Gemeinden die Stadt Linden.
Überliefert sind durch diesen Zusammenschluss die Perspektiven beider Gemeinden. Während die Großen-Lindener in den überlieferten Dokumenten häufig an die Vernunft der Leihgesterner appellierten, weil man den Zusammenschluss der beiden Gemeinden für die logische Lösung hielt. Die Leihgesterner taten sich mit einem Zusammenschluss hingegen schwer. Aus den Tonbandaufnahmen der Bürgerversammlung geht hervor, dass die Leihgesterner einen Identitätsverlust befürchteten. Zudem gab es in der Bevölkerung die Befürchtung, dass sich die größere Gemeinde an dem kleineren Leihgestern bereichern und den eigenen Wohlstand weiter ausbauen könne.
Das Archiv ist Mo-Fr von 8:00-14:00 Uhr unter 06403-605-52 oder via erreichbar.